Wer Fieber hat, ist verraten und verkauft

Es heißt ja immer: „Das Leben schreibt die besten Geschichten“. Das ist bestimmt zutreffend, auch wenn ich mehr auf Fantasy stehe als auf reale Geschichten. Bei Fantasy muss ich mich nie fragen, ob wirklich jemand mit einem arkanen Zauberstab so zugerichtet werden kann, so als Beispiel. Das Leben schreibt aber auch die traurigsten, herzlosesten, verrücktesten und irrwitzigsten Geschichten. Von einer solchen möchte ich Euch heute berichten. Am Freitag nahm ich an einer Fridays for Future Demo an meinem Wohnort teil. Das an sich ist jetzt nichts Besonderes. Es war bitterkalt, ein noch kälterer Wind pfiff uns um die Ohren und ich saß auf einem Klappstuhl, Decke über den Knien, Kissen unter dem Hintern und schonte meinen gebrochenen Knöchel. Es heißt ja auch, keine gute Tat bleibt ungestraft und so bekam ich dann in der Folgewoche am Montag Nachmittag Fieber. Begleitet wurde dies von unsäglichem Kopfweh und einem Blutdruck über 190 und Puls 126. Ich kann mit Fieber und Kopfweh umgehen, aber bei einem solch hohen Blutdruck zusammen mit einem solchen Puls bekomme ich Angst.

Also rief ich – da mein Hausarzt schon Feierabend hatte – den Rettungswagen. Ich hatte zwar mal für Notfälle Nitro-Spray bekommen, aber das war seit zwei Jahren abgelaufen, also nicht mehr verwendbar. Ich bin da komisch. Geht es um uralte Pferdesalbe? Kein Problem. Etwas fürs Herz, drei Monate abgelaufen? Oh, halt! Jedenfalls dachte ich mir so, der Notarzt könnte mir den Blutdruck beruhigen und ich könnte dann anderntags zum Doktor. Der Rettungswagen kam. Da ich seit zwei Wochen mit einem gebrochenen Knöchel und einem Welpen im Haus lebe – von den anderen Haustieren mal abgesehen – bin ich eisern und lasse niemanden ins Haus. Never ever. Ich nahm also meine Krücken, humpelte zum Rettungswagen. Die waren irritiert darüber aber das war kein Problem. Was sich aber als Problem entpuppte war dann die Frage: „Was haben Sie denn?“ Beziehungsweise die Antwort: „Fieber, Kopfweh und der Blutdruck ist bei 190.“ Schon bei Fieber sah man die Männer zucken. „Sind Sie geimpft?“ „Nein, ich hatte Covid.“ „Wann?“ „Im Februar.“ „Jetzt haben Sie Fieber?“ „Ja.“ „Halsweh, Atemnot?“ „Nein.“ „Erkältungsanzeichen?“ „Nein.“ „Geschmacksverlust?“ „Nein.“ „Hatten Sie Kontakt zu jemandem mit Erkältungszeichen?“ „Auf der Demo am Freitag hatte jemand Husten.“ „Covid!“ „Nein, kein Covid, hatte ich schon.“ „Sind Sie geimpft?“ „Nein.“ – Zu diesem Zeitpunkt war ich schon arg erschöpft. „Sie wissen schon, dass Sie sich wieder anstecken können?“ Ich verzichtete an dieser Stelle auf den Hinweis, dass sich auch Geimpfte anstecken können und sagte einfach nichts. „Ja vier Tage, jetzt Fieber, das ist typisch. Covid.“ Für die Männer war die Sache kristallklar. Ich hatte Covid. Dementsprechend musste der arme Rettungshelfer (oder welche Funktion er auch immer hatte, ich war einfach zu fertig, um das zu verfolgen) sich in ein Kittelchen schnüren, Maske tragen und Handschuhe und alle Maßnahmen treffen, die so ein Covid-Fall mit sich bringt. Ich kam auf die Trage, wurde in den Wagen geschoben, es wurde Fieber gemessen (39,2) und der Blutdruck ebenfalls. 190/110 mit einem Puls von 120. Man war sich einig, dass das nicht so gesund sei und man wollte mich in ein Krankenhaus bringen. Da aber jeder davon ausging, ich hätte Covid, lehnten alle 10 angerufenen Krankenhäuser die Aufnahme ab. Die Männer diskutierten dann und ließen sich darüber aus, dass sie keine Schnelltests in die Wagen bekämen. Ich habe immer den Eindruck die denken, die Patienten bekommen nichts mit. Aber sei es drum. Ich war mittlerweile völlig angenervt und aufgebracht – was keine guten Auswirkungen auf meinen Blutdruck hatte – und fragte dann: „Können Sie mir nicht einfach was gegen meinen Blutdruck geben und dann können wir alle wieder nach Hause?“ Der Kittelmann fragte: „Sie wollen nicht ins Krankenhaus?“ Ich dachte nur so, ey Mann, wer will heutzutage schon freiwillig ins Krankenhaus? Ich antwortete aber: „Nein, ich will nur was gegen meinen Blutdruck!“ Man hörte seine Stimme jubilieren, als er das den Kollegen mitteilte. „Sie will gar nicht ins Krankenhaus!“ „Mein Blutdruck?“ „Der Notarzt kommt gleich, wir dürfen Ihnen so nichts geben.“ Der Notarzt kam, war nicht erfreut eine Allergikerin anzutreffen, die kein Novalgin vertrug, verabreichte mir dann aber Bayotensin. Der Notarzt wiederholte die Frage nach der Impfung. Wieder erklärte ich, nein, ich sei nicht geimpft, ich hätte im Februar Covid gehabt. „Und, wie war es? „Drei Tage, dann war ich wieder fit.“ „Das ist ja auch eigentlich zu früh für eine erneute Ansteckung.“ Ich hätte ihn für diese Aussage knutschen mögen. Jedenfalls ging der Blutdruck und Puls langsam runter. Das Rettungsteam erklärte dem Notarzt auch, es sei kein Krankenhaus bereit mich aufzunehmen und ich wolle auch in keins. Der Notarzt meinte aber ich solle zu einem Arzt am nächsten Tag. Ich erklärte ihm das sei kein Problem, da mein Doktor jeden Tag eine Infektionssprechstunde hätte. Ich durfte also wieder aus dem Wagen hinaus und in mein eigenes Bett. Eine Freundin ließ uns einen Schnelltest zukommen, der negativ ausfiel. Den hätte besser das Rettungsteam schon gehabt. Am nächsten Tag war ich beim Hausarzt, mittlerweile hatte ich Bauchweh bekommen und er meinte, das könne ja auch der Blinddarm sein, es wäre besser ich ginge ins Krankenhaus zur Untersuchung. Ich bin hoch dankbar, dass ich einen Hausarzt habe, der keine Covid Diagnose stellt, wenn keine Anzeichen dafür da sind. Er schrieb eine Einweisung. Mit der wurde ich dann tatsächlich auch in der Notaufnahme angenommen. Es wurde ein Covid-Test gemacht. Negativ. Es wurde dann noch ein zweiter Test gemacht für das RKI. Letztendlich stellte sich heraus, ich habe eine Nierenbeckenentzündung. Die darf ich daheim auskurieren. Fazit:
  1. Es ist ein absolutes Unding, dass jeder, der Fieber hat, sofort als Covid-Patient eingestuft wird. Es gibt Dutzende von Krankheiten, bei denen man Fieber hat. Ob Borreliose, Meningitis, Blinddarm oder ähnliches – das alles wird beim Wort „Fieber“ sofort ausgeblendet und man hat Covid. Sonnenklar. Da wird mit einem Balken vor den Augen herumgerannt, auf dem innen „Covid!“ steht. Alles andere sieht man nicht mehr. Das ist gefährlich.
  2. Es ist noch fürchterlicher, dass man, wenn man unter Covid-Verdacht steht (siehe 1), von keinem Krankenhaus aufgenommen wird. Die medizinische Hilfe wird schlichtweg verweigert. Ich möchte nicht wissen – oder doch? – wie viele Menschen seit der Pandemie ernsthafte gesundheitliche Probleme bekommen haben, durch die Weigerung, sie aufzunehmen.
  3. Es ist absolut aberwitzig, dass Rettungswagen nicht mit Covid-Schnelltests ausgestattet werden. Das ist hirnrissig. Denn dann würden wenigstens die armen Tröpfe, deren Test negativ ausfällt, irgendwo aufgenommen werden können.
  4. In diesem Zusammenhang ist es noch aberwitziger, dass im Krankenhaus dann nicht ein sondern zwei Tests gemacht werden – weil einer ist ja fürs RKI. Leute, echt jetzt? Ihr spart Tests an Rettungswagen ein und verschwendet die dann so? Man kann auch den ersten Test ans RKI weitergeben.
Ich appelliere also an alle, die das hier lesen: Habt ihr ein paar Groschen über, spendet Eurer Rettungsstelle ein paar Schnelltests, damit die Rettungswagen damit ausgestattet werden! Im Übrigen hoffe ich für Euch alle, dass ihr nie mit Fieber in den Rettungswagen müsst. Denn es ist egal, ob ihr Anzeichen für Covid habt. Ich hatte kein einziges. Bleibt gesund oder geht direkt zum Arzt!

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