„Heute mache ich mal nur was für mich!“

Kennt ihr das? Ihr beschließt, an einem Tag nichts für andere zu tun, sondern nur für euch selbst. Etwas, das Spaß macht. Ein Tag frei. Ich mache nur etwas für mich! Das hatte ich also für heute beschlossen.

Das an sich ist ja schon unverschämt. Ich mache auch Ausnahmen. Für die Tiere, die ohne mich nichts zu essen bekommen und den Partner, der ebenfalls ohne mich verhungert. Okay, meiner verhungert nicht, aber macht sich nur ungesunde Sachen zu essen. Benutzt dabei Töpfe und Pfannen, die ich mir eigentlich für mein Essen „reserviert“ habe. Gedanklich. Kann er also nicht wissen. Die Tiere füttert er auch. Aber die Wäsche muss noch erledigt werden und das Bett neu bezogen. Gut, wenigstens ein halber Tag für mich.

Ich verschwinde also mit einer Tasse Kaffee im Büro im Nebengebäude, um dort ein wenig mit Kunstharz zu arbeiten. Eine Tätigkeit, die Konzentration erfordert und ungestörte Zeit. Dummerweise auch Platz.

Ein Blick auf den Schreibtisch offenbart das, was ich seit zwei Wochen denke: „Ich muss hier mal wieder aufräumen.“ Nur ist das heute mit „mal wieder“ nicht getan, ich brauche dringend Platz und saubere Umgebung für mein Projekt.

Seufzend beginne ich damit, den Schreibtisch komplett abzuräumen. Sogar die Monitore müssen dran glauben. Dabei fällt mein Mohnbild von der Wand. Warum auch immer. Also schön, Leiterchen holen, Bild wieder aufhängen. Hinter den Monitoren hat sich eine Menge Staub angesammelt. Ich rüge mich innerlich und nehme mir zum gefühlt millionsten Mal vor, in Zukunft auch dort Staub zu wischen. Jedes Mal, wenn ich sauber mache. Das wird vermutlich nicht passieren, ist wie so ein Neujahrsvorsatz.

Nachdem der Tisch sauber ist, muss er wieder „eingeräumt“ werden. Dabei kann man direkt mal Sachen aussortieren oder wegräumen, die man da nicht mehr braucht. Zum Beispiel die Rabattcoupons von Megazoo, die bereits im September letztes Jahr abgelaufen waren. Eine Lohnabrechnung meines Mannes, die versehentlich im Büro gelandet ist. Von Oktober letztes Jahr. Ein Korkuntersetzer mit einem eingravierten Waschbär, den ich schon gesucht habe. Ach was, der ist niedlich, der bleibt. Ich benutze ihn zwar nicht – dann könnte man ja den Waschbär nicht mehr sehen – aber er ist eben niedlich.

Alte Speisekarten aus 2022 werden auch aussortiert. Ich bin sicher Hai Hau und Peking Garden haben mittlerweile andere Preise. Ich müsste mal wieder hin und neue mitbringen. Die dann wieder hier rumliegen.

Ich entdecke auch Notizblöcke, die ich in den letzten Wochen dringend gebraucht hätte. Hab mich mit Post-it Zetteln beholfen, die jetzt auch sortiert werden müssen. Hrmpf. Ich höre mich an wie einer unserer Waschbären.

Dann finde ich noch einen uralten Kartoffelchips, der aussieht wie eine Frucht am Stiel. Den hatte ich behalten, um ihn meinem Mann zu zeigen. Habe ich das eigentlich gemacht? Ich sollte ihn vorsichtshalber behalten.

Eine Stunde später ist der Schreibtisch picobello, sogar der Drucker wurde feucht abgewischt. Jetzt brauche ich dringend eine neue Packung Feuchttücher, sonst wird das mit dem Kunstharzen nix.

Der Kaffee ist alle und ich habe Hunger. Ein Blick auf den Tisch im Büro verrät mir, dass da auch noch der Staub weg muss. Ich muss also zurück ins Haus, um mir dort neue Tücher zu holen, frischen Kaffee und eine Kleinigkeit zu essen. Vielleicht ist ja in der Zwischenzeit auch die Waschmaschine fertig, dann kann ich die nächste Ladung reinwerfen und die saubere Wäsche trocknen. Bei der Gelegenheit könnte ich auch das Bett abziehen und die schmutzigen Bettlaken waschen. Außerdem war ich noch nicht im Waschbärgehege, um dort nach dem Rechten zu sehen und frisches Wasser bereit zu stellen. Da es friert, ist ja die Gartenpumpe aus, da muss ich mit der großen Gießkanne kommen. Wenn ich schon mal dort bin, kann ich auch ihre Toilette reinigen und neues Streu einfüllen. Vielleicht kommt ja eins der Bärchen raus und schmust mit mir.

Mittlerweile ist es dunkel und die Zeit irgendwie ohne was zu sagen einfach davongeeilt. Ich habe heute eine Menge geschafft aber irgendwie war das nicht mein Plan gewesen. Naja, vielleicht bin ich ja morgen noch in der Stimmung, um dann wirklich mal nur etwas für mich zu machen.

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