Wer gendert, macht sich klein

Ich bin eine Frau. Durch und durch. Ich erfülle sogar etliche Klischees über Frauen. Zum Beispiel bin ich bei einem Waldspaziergang ohne Hinweisschilder oder Navi total verloren. Einparken kann ich zwar mittlerweile, aber das erforderte jahrelange Übung. Ich mag Schuhe. Sehr sogar. Man sieht also, ich kann mich durchaus zu Recht als Frau bezeichnen – mal ganz abgesehen davon, dass ich rein biologisch schon weiblich bin.

Warum erwähne ich das? Weil ich mich über die „Genderei“ ärgere. Als Frau. Nicht als Mann, der sich eventuell irgendwie angegriffen fühlt.

Meiner Meinung nach geht die genderneutrale oder die politisch korrekte Gendersprache völlig am Ziel vorbei, sie verschärft sogar nur das Problem.

Ähnlich ging es mir in Zeiten der Emanzipation, zu der ich immer sage, Alice Schwarzer hätte sie zerstört. Statt auf Gleichheit ging sie auf „Mann=böse“. Was totaler Quatsch ist. Statt Männer mit auf unsere Frauenseite zu ziehen, hat sie sie brüskiert und gegen uns aufgebracht. Das ging damals so weit, dass ich als Schwangere mit Tüten beladen und Kind an der Hand von einem Mann, den ich bat ob er mir die Tür öffnen könne, zu hören bekam: „Ihr seid doch jetzt so emanzipiert, machen Sie es doch selbst.“

Mit der Gendersprache verhält es sich ähnlich. Völlig über das Ziel hinaus geschossen.

Letztens habe ich einen Artikel gelesen, ein Interview mit dem Linguist Peter Eisenberg. „Die Genderfraktion verachtet die deutsche Sprache“.

Ich bin seiner Meinung. Ich sage sogar, die deutsche Sprache wird verunglimpft und missbraucht. Ich möchte da etwas zitieren:

…Wörter bezeichnen Personen, die etwas Bestimmtes tun. Sie sind der Prototyp des generischen Maskulinums. Wenn Sie sagen: Ich gehe zum Bäcker, dann ist völlig egal, was das für einer ist. Und weil die Wörter so zahlreich sind und das generische Maskulinum uns so klar vor Augen steht, werden sie mit Feuer und Schwert bekämpft. Aber wir brauchen das generische Maskulinum. Das substantivierte Partizip, also etwa Studierende, kann gebildet werden. Aber wenn Damaris Nübling sagt, das geschehe seit langem im Deutschen, dann macht sie genau das, was sie den Männern vorwirft: invention of tradition.

Damaris Nübling ist übrigens eine Frau, sie ist ebenfalls Linguistin.

Wenn gegendert wird, heißt es „die Bäcker*In“, „die „Lehrer*In“. Plötzlich werden alle männlichen Artikel entfernt und nur noch der weibliche Artikel gesetzt. Wenn ich jetzt ein Mann wäre, würde mich das ärgern. Ich ärgere mich sogar als Frau darüber, ich will mich nämlich nicht über die Männer stellen, ich will gleichgestellt sein. Selbe Rechte, selbe Pflichten. Das wird kaum gelingen, wenn ich versuche, die „andere Seite“ klein zu machen.

Warum sage ich, wer gendert, macht sich klein? Das ist für mich völlig logisch. Oder klar wie Kloßbrühe.

Nehmen wir an, jemand sagt, alle Corona-Genesenen dürfen ab sofort wieder ohne Masken einkaufen. Ich jubele dann „Halleluja“. Ich hatte Corona und bin genesen. Die Genderfraktion müsste jetzt schreien und toben, denn es wurde ja gesagt: „Genesenen“ und nicht „Genesen*Innen* (oder so ähnlich, keine Ahnung wie man das weiblich bezeichnet). Oder alle Gastwirte dürfen wieder öffnen. Nicht alle Gastwirt*Innen. Ich bin jetzt keine Gastwirtin, aber ich würde mich angesprochen fühlen. So, wie es auch gedacht ist. Denn wenn ich eine Gastwirtschaft betreibe, ist es schietegal, ob ich männlich, weiblich, Zwitter oder irgend etwas Erfundenes bin, ich bin gemeint. Ich bin mit einbezogen.

Wenn ich mich jetzt also hinstelle und heule „Was ist mit Gastwirtinnen?“, dann schließe ich mich selbst aus dieser Gruppe aus. Ich mache mich klein, denn ich bin ja angeblich nicht angesprochen worden.

Ein weiteres Zitat:

Die Advokaten des Gendersterns wollen keinen Ausgleich, sie wollen Macht.

Das sehe ich ebenso. Aus gutem Grund. Ich war viele Jahre politisch aktiv. Bei den Grünen. Ausgetreten bin ich bei den Grünen wegen Annalena Baerbock, vor vielen Jahren. Der Grund dafür war, dass auf einem Landesparteitag beschlossen werden sollte, dass eine Wahl verschoben werden soll, bis sich genügend Frauen für die für Frauen vorgesehenen Plätze gefunden haben, die sich wählen lassen wollen.

Hintergrund: Jeder ungerade Platz, also 1, 3, 5 und so weiter, ist für Frauen reserviert. Da dürfen sich auch nur Frauen bewerben. Männer nehmen die geraden Plätze ein, auf die sich allerdings auch Frauen bewerben dürfen und dann bevorzugt werden.

Jetzt ist es aber nicht aller Frauen Ding, sich auf einen Platz für eine Funktion zu bewerben. Also gibt es oft nicht genügend Frauen. Dann war es zumindest damals Usus, dass die führenden Frauen die anderen Parteimitglieder*Innen (klingt das nicht furchtbar?) so lange bequatschten und auch unter Druck setzten, bis die gottergeben endlich zur Wahl zur Verfügung standen. Das dauerte aber und da die Wahlen zu festen Terminen abgehalten werden, wollte man bzw. Frau durchsetzen, dass die Wahl verschoben wird, um für diese Maßnahmen Zeit zu haben.

Man stelle sich den Aufschrei vor, wenn man das für Männer tun würde – was nie jemandem einfallen würde. Ich habe dagegen gestimmt und der Antrag wurde mit einer Gegenstimme mehr abgelehnt. Tags drauf bin ich ausgetreten. Ich will Gleichstellung, kein Matriarchat. Ich will auf diversen Posten die Leute, die das wollen und sich das zutrauen, nicht jemanden, der das im Grunde nicht will und nur dazu genötigt wird.

Ich bin eine Frau. Ich bin selbstbewusst genug, um mich angesprochen zu fühlen, wenn von Autoren und Künstlern die Rede ist und niemand da ein Genderding draus macht. Ich bin genauso gemeint wie Männer. Oder Zwitter. Oder Gott weiß was. Ich schließe mich nicht aus. Ich wäre ja auch schön blöd wenn.

 

 

 

 

Frauenrechte – mal anders

Letztens war der Welt-Frauentag.

Plötzlich war überall die Frau im Mittelpunkt des Geschehens, was Frauen doch für tolle Arbeit machen, es hagelte Blumen und diverses Andere mehr.

Im Prinzip dasselbe wie am Welt-Kindertag, Welt-Männertag, Welt-Bienentag, Welt-Baumtag und was es noch so für Tage gibt.

Heute dreht sich alles darum, man beklagt Ungerechtigkeit, mangelnden Schutz, mangelnde Freiheit und „haste nich gesehen“.

Ich persönlich halte den Welt-Frauentag und den Muttertag für Alibi-Funktionen.

Ich erinnere mich nur zu gut an Muttertage, an denen meine Kinder mir eine Freude machten mit selbst gebastelten Geschenken, Bildern, einem selbst zubereiteten Frühstück und mehr.

Der Kaffee lausig, die Bastelarbeiten möglichst nicht anfassen oder hinten in den Schrank stellen, die ganzen Sachen aber freudig annehmen, denn die leuchtenden Gesichter – ach je, da kann man nichts negatives sagen. Die Aufräumarbeiten hinterher – jede Mutter kennt das.

Tags darauf sieht die Welt wieder normal aus, da wird über das Essen gemault, man hasst die Mutter, weil man mit 14 nicht auf eine Party bis Mitternacht darf und so weiter. Aber diesen einen Tag lang, hat man die Mama ja „verwöhnt“.

Haargenau dasselbe passiert am Welt-Frauentag. Man bemängelt, dass Frauen nicht besser unterstützt werden und sie ja so viel Probleme mit Kinder/Arbeit/Partnerschaft/Haushalt aufgebürdet bekommen – wobei wir uns das ja fairerweise alle selbst antun. Keiner zwingt uns, Kinder zu bekommen, keiner zwingt uns einen Partner zu haben, der sich nur mangelhaft um Haushalt und/oder Kinder kümmert und auch noch verlangt, dass man sich um ihn selbst kümmert.

Weniger Geld für gleiche Arbeit – nicht überall dürfen Frauen ihre Haare zeigen, wählen, arbeiten, zur Schule gehen. Das alles ist traurig bis fatal. Aber was ändert denn dieser Frauentag daran? Eigentlich nur, dass man den ganzen Tag lang ins Gesicht geworfen bekommt, wie Scheiße man uns behandelt.

Ganz ehrlich? Darauf kann ich verzichten. Denn die ganzen Stimmen, die das bemängeln, verstummen am nächsten Tag, um ein Hohelied auf das nächste Objekt des Welt-Tages zu singen.

Ändert sich etwas durch diesen Tag? Nein. Nirgends. Es werden immer noch Bäume gefällt, die meiste Arbeit mit Kind und Haushalt bleibt immer noch an Frauen hängen, wir verdienen weniger und die ganze Latte mehr.

Eigentlich wollte ich zu dem ganzen Kram gar nichts schreiben, weil mich das total nervt, diese Alibi-Tage. Aber dann stand ich diese Woche im Kaufland wartend an der Kasse und hatte freie Sicht auf den wiedereröffneten Friseur. Eine große Tafel mit Preisen für die einzelnen Leistungen war zu sehen. Ich schaute sie mir an und dann kam mir wirklich die Galle hoch.

Waschen, Schneiden, Föhnen – Frauen – lange Haare (ab kinnlang) – 45,00 €

Trockenhaarschnitt – gibt es nicht.

Waschen, Schneiden, Föhnen – Männer – jede Haarlänge – 22,50 €

Wir verdienen weniger, dürfen aber mehr zahlen. Das Doppelte. Jeder, der lange Haare hat – und damit ist nicht ab kinnlang gemeint, das ist mittellang – weiß, wie schnell man mal eben die Spitzen geschnitten bekommt, während eine Kurzhaarfrisur weitaus länger dauert. Ich möchte wetten, dass jetzt in der Pandemie bei geschlossenen Friseuren so ziemlich jede Frau unter kinnlang fällt.

Ich habe vergessen wie teuer der Haarschnitt bei kurzen Haaren ist, aber er war höher als bei den Männern.

Von daher liebe Frauen, wir haben doch gar keinen Grund uns zu beschweren. Im Zuge der Gleichbehandlung dürfen wir weniger verdienen, aber das Doppelte bezahlen.